- Artikel-Nr.: SW10165
Al-Muradscha’at – Die Konsultation
von Sayyid Abdalhussain Scharaffuddin al-Musawi
Das Buch gilt als Pflichtlektüre für jeden Muslim, der tiefer in den innerislamischen Dialog einzusteigen gedenkt und durch Kenntnis der unterschiedlichen Richtungen im Islam die innerislamische Geschwisterlichkeit vertiefen will.
Autor: Sayyid Abdalhussain Scharaffuddin al-Musawi
Format: DIN A5, Paperback
Seiten: 486
Ort, Jahr: Bremen, 2006
ISBN 978-3-939416-04-3
Al-Muradscha´at
Die Konsultation
- Dialog zwischen Sunniten und Schiiten -
Gesammelt und zusammengestellt von
Sayyid Abdalhussain
Scharaffuddin al-Musawi
Deutsche Übersetzung in Erinnerung an Prof. Aduljavad Falaturi
Islamisches Zentrum Hamburg e.V.
Islamisches Zentrum Hamburg, Schöne Aussicht 36, D-22085 Hamburg
www.izhamburg.com
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Das Buch gilt als Pflichtlektüre für jeden Muslim, der tiefer in den
innerislamischen Dialog einzusteigen gedenkt und durch Kenntnis
der unterschiedlichen Richtungen im Islam die innerislamische Geschwisterlichkeit
vertiefen will.
Sayyid Abdalhussain Scharaffuddin al-Musawi
Al-Muradscha´at - Die Konsultation
– Dialog zwischen Sunniten und Schiiten –
Herausgeber: Islamisches Zentrum Hamburg e.V.
www.izhamburg.com
Schöne Aussicht 36
D-22085 Hamburg
Tel : 040 / 221220/221240
Fax: 040 / 2204340
e-Mail: info@izhamburg.com
© 2006 m-haditec GmbH & Co. KG - Bremen
www.mhaditec.de
ISBN 978-3-939416-04-3
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur deutschen Übersetzung .....................................................................7
Vorwort und Einleitung des Autors ....................................................................11
Die 1. Konsultation – Bitte um Erlaubnis zur Konsultation ..............................18
Die 2. Konsultation – Erlaubnis zur Konsultation .............................................20
Die 3. Konsultation – Mehrheit und Einheit ......................................................21
Die 4. Konsultation – Einheit durch Ahl-ul-Bait ...............................................22
Die 5. Konsultation – Frage nach Argumenten .................................................28
Die 6. Konsultation – Nachkommenschaft des Propheten.................................29
Die 7. Konsultation – Bitte um Beweise durch Allah und Seinen Gesandten...36
Die 8. Konsultation – Das Gleichnis der Arche Noah als Erlösung..................36
Die 9. Konsultation – Die Bitte nach weiteren relevanten Texten.....................45
Die 10. Konsultation – Der Eindruck eines hinreichenden Textes....................46
Die 11. Konsultation – Anfrage nach klaren Zeichen im Buch Allahs.............52
Die 12. Konsultation – Beweise aus dem Qur´an...............................................54
Die 13. Konsultation – Argumentation zur Überlieferung ................................68
Die 14. Konsultation – Ansichten der Gegner....................................................69
Die 15. Konsultation – Details der Wahrheit......................................................73
Die 16. Konsultation – Unzählige schiitische Größen in Sunniten Werken......73
Die 17. Konsultation – Dilemma der Kompromisse .........................................178
Die 18. Konsultation – Zur Unterscheidungsfähigkeit ....................................181
Die 19. Konsultation – Eigenverantwortung bei der Unterscheidung.............184
Die 20. Konsultation – Allgemeine Quellen .....................................................185
Die 21. Konsultation – Zweifel an Authentizität ..............................................189
Die 22. Konsultation – Beweis der Authentizität ..............................................190
4
Die 23. Konsultation – Frage zu Imamat .........................................................192
Die 24. Konsultation – Immerwährendes Imamat ...........................................193
Die 25. Konsultation – Bitte nach weiteren Textbelegen .................................194
Die 26. Konsultation – Zehn ausgewählte Überlieferungen Imam Alis..........195
Die 27. Konsultation – Zweifel zu den Überlieferungen..................................200
Die 28. Konsultation – Der Status der Überlieferung ......................................201
Die 29. Konsultation – Zum Gültigkeitsbereich der Überlieferung.................205
Die 30. Konsultation – Nachweis der Allgemeingültigkeit ..............................207
Die 31. Konsultation – Bitte um Beweise..........................................................212
Die 32. Konsultation – Zahlreiche Beweise......................................................212
Die 33. Konsultation – Zum Vergleich Alis und Aarons mit zwei Sternen......217
Die 34. Konsultation – Die Anlässe der Vergleiche .........................................218
Die 35. Konsultation – Bitte um weitere Textbelege ........................................226
Die 36. Konsultation – Zahlreiche weitere Überlieferungen ...........................226
Die 37. Konsultation – Das Wort „wali“ in der linguistischen Betrachtung...231
Die 38. Konsultation – Erläuterung zur Bedeutung von „Wali“.....................231
Die 39. Konsultation – Frage zum Führungs-Vers..........................................234
Die 40. Konsultation – Die Führungsverse und ihre Interpretation ...............235
Die 41. Konsultation – Gläubige in Einzahl oder Mehrzahl............................239
Die 42. Konsultation – Die Verwendung des Plural für Singular ...................240
Die 43. Konsultation – Frage zum Wort „wali“ ...............................................245
Die 44. Konsultation – Die Bedeutung von „wali“ ..........................................245
Die 45. Konsultation – Einstehen für die Kalifen ............................................248
Die 46. Konsultation – Über das Kalifat...........................................................249
Die 47. Konsultation – Erbitten von Überlieferungen .....................................250
Die 48. Konsultation – Vierzig Überlieferungen zum Thema..........................251
Die 49. Konsultation – Eigenschaften oder Berufung .....................................264
Die 50. Konsultation – Beweise für Imamat.....................................................266
5
Die 51. Konsultation – Einspruch durch vergleichbare Überlieferungen.......268
Die 52. Konsultation – Zurückweisung des Einspruches.................................269
Die 53. Konsultation – Erbitten von Überlieferungen zu Ghadir ....................270
Die 54. Konsultation – Der Glanz der Überlieferungen zu Ghadir .................271
Die 55. Konsultation – Zweifel an Überlieferungskette ...................................276
Die 56. Konsultation – Beweisführung zur Überlieferung von Ghadir...........277
Die 57. Konsultation – Interpretation zur Überlieferung von Ghadir.............291
Die 58. Konsultation – Eindeutigkeit der Überlieferung von Ghadir..............293
Die 59. Konsultation – Wahrheit und Ausweichen ..........................................301
Die 60. Konsultation – Zurückweisen des Ausweichen....................................302
Die 61. Konsultation – Anfrage nach Texten aus schiitischen Quellen..........306
Die 62. Konsultation – Vierzig Überlieferungen..............................................306
Die 63. Konsultation – Zurückweisung schiitischer Quellen...........................321
Die 64. Konsultation – Maßstäbe der Glaubwürdigkeit ...................................322
Die 65. Konsultation – Frage nach Überlieferung zur Erbschaft ...................326
Die 66. Konsultation – Ali ist Erbe des Propheten...........................................327
Die 67. Konsultation – Wo steht das Vermächtnis Alis?..................................330
Die 68. Konsultation – Textbelege zum Vermächtnis ......................................330
Die 69. Konsultation – Argumente der Vermächtnisgegner ............................336
Die 70. Konsultation – Zurückweisung der Gegenargumente.........................337
Die 71. Konsultation – Frage zur Überlieferung der besten Ehefrau .............341
Die 72. Konsultation – Ablehnung zur Einschätzung der Prophetenehefrau.341
Die 73. Konsultation – Nachfrage zu Aischas Überlieferung..........................344
Die 74. Konsultation – Details zur Ablehnung.................................................345
Die 75. Konsultation – Rechtfertigung Aischas Handeln................................353
Die 76. Konsultation – Der Prophet verstarb im Schoß Imam Alis.................354
Die 77. Konsultation – Frage zu Vorzug Umm Salamas .................................364
Die 78. Konsultation – Weiter Gründe zu Vorzug Umm Salamas...................365
6
Die 79. Konsultation – Frage zum Konsens bezüglich Abu Bakrs Kalifat......368
Die 80. Konsultation – Es gab keinen Konsens................................................369
Die 81. Konsultation – Konsens wurde später vervollständigt .........................373
Die 82. Konsultation – Konsens wurde nie erzielt ............................................374
Die 83. Konsultation – Zur Wahrhaftigkeit der Prophetengefährten..............379
Die 84. Konsultation – Nicht alle Gefährten glaubwürdig ..............................380
Die 85. Konsultation – Bitte um ausführliche Darlegung zu den Gefährten..387
Die 86. Konsultation – Das Unglück vom Donnerstag ....................................388
Die 87. Konsultation – Diskussion zur Donnerstagstragödie ..........................395
Die 88. Konsultation – Weitere Argumente zur Donnerstagstragödie.............399
Die 89. Konsultation – Erbitten weiterer Hinweise ..........................................405
Die 90. Konsultation – Ablehnung von Usamas Kommandantur ...................405
Die 91. Konsultation – Rechtfertigung der Ablehnung....................................411
Die 92. Konsultation – Rechtfertigung nicht haltbar.......................................414
Die 93. Konsultation – Erbittung weiterer Beispiele ........................................419
Die 94. Konsultation – Befehlsverweigerung Abu Bakrs.................................419
Die 95. Konsultation – Zweifel am Befehlscharakter ......................................423
Die 96. Konsultation – Verdeutlichung des Befehlscharakters .......................423
Die 97. Konsultation – Umfassende Bitte um weitere Fallbeispiele ................425
Die 98. Konsultation – Auflistung weiterer Beispiele.......................................425
Die 99. Konsultation – Rechtfertigung mit gutem Willen................................427
Die 100. Konsultation – Vermutete Motive zu trennen von Fakten ................428
Die 101. Konsultation – Frage zur Ernennung des ersten Kalifen .................433
Die 102. Konsultation – Abwesenheit der nahen Gefährten bei Ernennung ..433
Die 103. Konsultation – Frage zum Verhalten der Imame..............................437
Die 104. Konsultation – Erläuterung zum Verhalten und Fatimas Rede .......437
Die 105. Konsultation – Frage nach zusätzlichen Argumenten ......................445
Die 106. Konsultation – Belege von Ibn Abbas und weitere............................446
7
Die 107. Konsultation – Frage zur Erwähnung des Vermächtnisses ..............450
Die 108. Konsultation – Aussagen und Verhalten der Gefährten ...................451
Die 109. Konsultation – Vorwurf des Bezugs allein auf die Imame................461
Die 110. Konsultation – Schia ist Bezug zu Imamen .......................................461
Die 111. Konsultation – Überzeugung..............................................................484
Die 112. Konsultation – Vervollständigung der Konsultation .........................485
Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen
Vorwort zur deutschen Übersetzung
Al-Muradscha´at gilt als eines der bedeutsamsten Werke im Rahmen
des innerislamischen Dialogs zwischen Sunniten und Schiiten.
Es beinhaltet eine Reihe von Briefwechseln zwischen einem der
größten sunnitischen und einem der größten schiitischen Gelehrter
ihrer Epoche. Die Briefe sind voller Fragen und Antworten, detaillierter
Erläuterungen mit Quellenangaben und Rechtfertigungen und
in der äußerst innerislamisch geschwisterlichen Atmosphäre, die der
Würde dieser beiden großen Gelehrten entspricht.
Der sunnitische gelehrte Scheich Salim al-Bischri al-Maliki war
zwei Mal Rektor der al-Azhar1 Universität in der Zeit 1900 bis 1904
und 1909 bis 1916. Seine zweite Amtszeit endete mit seinem Ableben.
Er hinterließ zahlreiche Bücher, darunter Kommentare zu alten
historischen Werken. Seiner Autorität ist die zu der Zeit verstärkte
Öffnung der al-Azhar Universität für die dscha´faritische Rechts-
1 Eine der bedeutendsten sunnitischen Lehreinrichtungen der letzten Jahrhunderte
8
schule1 zuzuschreiben. Die vorliegende Diskussion fand während
seiner zweiten Amtszeit statt.
Scheich al-Bischri begann den vorliegenden Dialog mit seinem Gesprächspartner
im frühen zwanzigsten Jahrhundert, allerdings nicht
in der Art einer in der Geschichte schon bedauerlicherweise oft erfolgten
hasserfüllten Debatte sondern mit dem aufrichtigen Wunsch,
sich der Wahrheit anzunähern und den Standpunkt der Schiiten besser
zu verstehen. Scheich al-Bischri sandte seine Fragen an einen
der bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit Sayyid Abdalhussain Scharaffuddin
al-Musawi aus der Region Dschabal Amil im südlichen
Libanon, der in der Zeit 1329-1330 n.H.2 (1911-1912 n.Chr.) Ägypten
bereiste und dadurch in Kontakt mit der Leitung der al-Azhar
Universität kam.
Sayyid al-Musawi stammt von Imam Musa ibn Dscha´far3 (a.)4 ab
und ist in Kataniyya im Irak 1290 n.H. (1872 n.Chr.) geboren und
starb 1377 (1957). Er erhielt eine sehr tiefgehende Lehre von den
größten Gelehrten seiner Zeit in den Lehranstalten in Nadschaf,
Kerbela und Samara und lebte später am Wohnort seiner Eltern im
Südlibanon. Er beeinflusste das Denken einer ganzen Gelehrtengeneration
mit zahlreichen teils sehr umfangreichen Werken. Im ersten
Weltkrieg, als Franzosen versuchten den Libanon zu kolonialisieren,
versuchten sie einen der größten Hindernisse für ihr Vorhaben, den
Gelehrten Sayyid al-Musawi, zu töten. Sie scheiterten zwar ihn
selbst zu erfassen, brannten aber sein gesamtes Haus inklusive einiger
wertvoller Manuskripte nieder, darunter 18 Werke von ihm, die
kurz vor der Veröffentlichung standen, darunter auch Teile des hier
1 So wird die Schia auch genannt.
2 Islamische Zeitrechnung nach dem Mondjahr Beginnend mit der nach der Auswanderung
[hidschra], daher „nach der Hidschra“ (n.H.).
3 Der siebte Imam der Schiiten (Sohn des sechsten Imams).
4 „Aleyhi salam oder aleyha salam“: Der Friede sei mit ihm/ihr, wird verwendet
für die Reinen der Prophetenfamilie
9
vorliegenden Briefwechsels, was letztendlich zu einer erheblichen
Verzögerung der Veröffentlichung führte, wie es der Autor selbst in
seinem eigenen Vorwort andeutet.
Beide Gelehrte gelten unter Fachleuten als Wegbereiter für einen
intensiven und sachlich fundierten innerislamischen Dialog mit dem
Ziel zur Einheit der Gläubigen.
Sayyid Abdalhussain
Scharaffuddin al-Musawi
Scheich Salim al-Bischri
Scheich al-Bischri war beim Zusammentreffen beeindruckt von höflichen
rechtschaffenen Auftreten Sayyid al-Musawis und vor allem
von seinem hohen Maß an Wissen. Und so begann der Dialog in
Form von schriftlich niedergelegten Briefen, die nachträglich als
„Konsultationen“ [muradscha´at] bezeichnet wurden, da sie mit der
„Konsultation“ des einen an den anderen zu diesem Dialog begannen.
10
In den sehr ausführlichen Abhandlungen über alle wesentlichen
Meinungsunterschiede zwischen den sunnitischen und der schiitischen
Rechtsschulen wurden fast alle Hauptwerke beider Seiten als
Quellen verwendet und ausdiskutiert. Neben der inhaltlichen Tiefe
beeindruckt insbesondere der Umgang der beiden Gelehrten miteinander.
Am Ende der schriftlichen Diskussion erbat Sayyid al-Musawi von
Scheich al-Bischri die Briefe in gesammelter Form unter dem Titel
„al-Muradscha´at“ herausbringen zu dürfen. Nach der Zustimmung
erschien das Buch mit einiger Verzögerung durch widrige Umstände
und einer Rekonstruktion durch den Autor in 1355 n.H. (1936
n.Chr.).
Das Buch gilt als Pflichtlektüre für jeden Muslim, der tiefer in die
Materie einzusteigen gedenkt und durch Kenntnis der unterschiedlichen
Richtungen im Islam die innerislamische Geschwisterlichkeit
vertiefen will.
Die deutsche Übersetzung hat einen ähnlich langen Weg hinter sich.
Bereits zu Lebzeiten des im deutschsprachigen islamischen Raum
sehr bekannten und angesehenen islamischen Gelehrten und Hochschullehrers
Prof. Dr. Abduldjavad Falaturi (1926-1996) wurden die
ersten Teile des sehr umfangreichen Werkes ins deutsche übersetzt.
Von dort bis zum Islamischen Zentrum Hamburg war ein sehr langer
Weg mit vielen Zwischenstationen. In 2005 hat die neue Leitung
des Islamischen Zentrum Hamburg die bestehenden Teile dem für
seine islamische Übersetzungsarbeit bekannten Islamischen Weg
e.V. anvertraut und darum ersucht, die fehlenden Teile zu ergänzen
und ein einheitliches Sprachbild anzustreben.
Die vorliegende Arbeit wurde im Frühjahr 2006 beendet und vom
Islamischen Zentrum Hamburg herausgegeben. Um die Leserlichkeit
für den im Islam weniger kundigen Leser zu ermöglichen, wur11
de die Übersetzung mit zahlreichen Erläuterungen in Form von
Fußnoten ergänzt. In manchen Fällen wird zum besseren Verständnis
der arabische Begriff in deutsche Schreibweise in eckigen
Klammern hinzugefügt. Alle Anmerkungen und Fußnoten in der
deutschen Übersetzung stammen von den Überarbeitern der Übersetzung
und kommen in der Originalkonsultation nicht vor.
Möge Allah es zu einem weiteren Meilenstein der innerislamischen
Verbrüderung im deutschsprachigen Raum werden lassen. Aufgrund
des inzwischen verstorbenen Initiators, wurde das Buch Prof. Falaturi
gewidmet.
Vorwort und Einleitung des Autors
Diese Seiten wurden nicht heute geschrieben, und diese Gedanken
sind nicht heute geboren. Sie wurden vielmehr organisiert über einen
Zeitraum eines viertel Jahrhunderts. Sie hätten viel früher als
Druck erscheinen können, wenn nicht schwerwiegende Umstände
und Unheil große Hindernisse in den Weg gelegt hätten1. Es gab sie
aber, und daher musste ich warten, bis ich verlorene Teile sammeln
und vernichtete Teile rekonstruieren konnte. Die Ereignisse, welche
die Veröffentlichung verzögert haben, ermöglichten allerdings auch
eine Neuordnung der Zusammenstellung.
Was die Idee zum Buch angeht, so ist ihm eine sehr umfangreiche
Debatte vorausgegangen. Die Idee erstrahlte in meinem Herzen seit
meiner jungen Jahre wie das Licht über den Wolken und brachten
mein Blut zur Wallung mit Enthusiasmus, um einen Weg zu suchen,
das Chaos zu beenden, das die Muslime in ihrer Uneinigkeit in eine
Sackgasse geführt hat, so dass sie das Leben ernsthafter betrachten
1 Gemeint ist der erste Weltkrieg und der Versuch der Franzosen, den Autor zu
ermorden. Dabei wurde seine Bibliothek und Teile seiner Manuskripte verbrannt.
Siehe dazu auch Vorwort zur deutschen Übersetzung
12
und sich ihrer Wurzeln ihrer Religion besinnen, was jeder anstreben
sollte. Nur diese Rückbesinnung kann unsere Bemühungen am Seil
Allahs zusammenfügen und uns befähigen, das Banner zu tragen,
dass uns auffordert, uns gegenseitig zu lehren und auszubilden und
uns pflichtbewusst ermöglicht die Reihen der Bruderschaft gegenseitig
zu stärken.
Aber der Anblick der Bruderschaft, die miteinander verbunden sind
durch das Prinzip des einheitlichen Glaubens, wurde bedauerlicherweise
in eine brutale Kontroverse verwandelt, dass durch ignorante
Argumente gespeist wird, wie eben ungebildete Völker Extreme
anstreben. Dieses wurde derart lange und intensiv ausgeübt, dass der
Gedanke zur Gewöhnung wurde, eine solche unheilvolle Kontroverse
wäre eine Methode zur Wahrheitsfindung oder gar zum erzielen
einer endgültigen Lösung. Allein das ist Grund genug, um besorgt
zu sein und Abkehr anzustreben. Wahrlich, es bewirkt Betrübnis,
Schmerz und Trauer, aber was ist die Lösung? Was sollten wir tun?
Diese Umstände plagen uns schon seit mehreren Jahrhunderten und
diese Misere bedroht uns von vorne und von hinten, von rechts und
von links. Es waren einstmals Federn, gefüllt mit Dürftigkeit die
einander geschadet haben und gierig aufeinander waren. Parteilichkeit
trieb es mehr und mehr an und ermöglichte die Steigerung ins
Emotionale, und dazwischen gab es Verwirrung. Was also können
wir tun? Was ist die Lösung?
Ich habe genug von alldem und daher erfüllte Trauer mein Herz. So
erreichte ich Ende 1329 n.H. (1911) Ägypten in der Hoffnung mein
Ziel zu erreichen. Ich war erfüllt von der Hoffnung, dass es mir gelingen
könnte, zumindest teilweise meine Sehnsüchte erfüllen zu
können und mit jemanden in direkten Kontakt zu treten, mit dem
ich meine Ansichten austauschen konnte. Ich hatte die Hoffnung,
dass Allah uns bei einer Diskussion sinnvoller Ratschläge beistehen
würde, um unsere Ziele in dem Land Ägypten zu erreichen, und es
gelingen könnte, das andauernde Unheil zu heilen, welches Musli13
me gefährdet, indem es sie auseinander reißt und sie mit Spaltung
und Zweitracht plagt. Es war mir – gelobt sei Allah – möglich, dieses
Ziel zu erreichen, zumal Ägypten ein Land ist, in dem Wissen
gepflanzt wird und gedeiht, genährt von Aufrichtigkeit und Ergebung
in die tiefgründige Wahrheit durch die Kraft des Beweises.
Das zeichnet Ägypten aus1 und ist höher zu werten als alle anderen
Auszeichnungen.
Meine Bedingungen waren dort gut, mein Herz friedfertig, meine
Seele erleuchtet und ich hatte das Glück, Kontakt zu einem der hervorragenden
bekannten Persönlichkeiten zu erhalten, der eine offene
Seele, noble Eigenschaften, ein pulsierendes Herz, umfangreiches
Wissen besaß und hohes Ansehen genoss, dass er aufgrund seiner
religiösen Führungsqualitäten verdiente.
Wie gütig ist doch die Seele, die ein gebildeter Mensch haben kann,
wie anerkannt seine Aussagen und wie wahrhaftig sein Benehmen.
So lange ein Gelehrter gekleidet ist mit Güte, wird er gütig und erfolgreich
sein, die Menschen um ihn herum werden sicher und gesegnet
sein, und niemand wird sich scheuen, seine Meinung auszusprechen
oder ihm seine Gedanken zu übermitteln. So war der bekannte
Würdenträger und Imam2 Ägyptens, und so war auch unsere
Begegnung, für die wir beide dem Allmächtigen unendlich und zeitlos
dankbar sind.
Ich klagte ihm über meine Sorgen und er klagte mir über gleichartige
Sorgen und Unbehaglichkeiten. Und es war die rechte Zeit für
uns beide, etwas in Erwägung zu ziehen, das mit dem Willen Allahs,
uns und unsere Nationen vereinigen könnte. Wir waren uns
darin einig, dass beide Gruppen3 der wahrhaften Religion des Islam
1 Gemeint ist die Atmosphäre der Gelehrsamkeit, die er zu seiner Zeit an der theologischen
Hochschule und bei seinem Gesprächspartner vorgefunden hat.
2 Imam hier im Sinn von „Vorbeter“ bzw. Oberhaupt einer Gemeinschaft.
3 Gemeint sind Sunniten und Schiiten.
14
folgen und einhellige Übereinstimmung in der Betrachtung der Botschaft
des Propheten besteht, dass es keine wesentlichen Differenzen
in grundlegenden Angelegenheiten gibt, die das Befolgen der
prächtigen Prinzipien des Islam beeinträchtigen würden, dass es
wirklich keinen Streit zwischen ihnen über die grundsätzlichen Lehren
gibt, außer in den Bereichen, die es natürlicherweise zwischen
Rechtsgelehrten hinsichtlich einiger Regeln gibt aufgrund ihrer Interpretation
des Buches1 und der Sunna2, der Einheit der Gelehrten
und der vierten Quelle3, und dass all das in keinster Weise einen so
großen Abstand und eine bodenlose Grube zwischen beiden rechtfertigen
kann. Was also bewirkt all dieser Streit, in das die Blitze
einschlagen, seit es die zwei Begriffe gibt: Sunniten und Schiiten?
Wenn wir die islamische Geschichte untersuchen, und die Glaubensrichtungen,
Ansichten und Vorurteile erkennen, die darin hervorgebracht
wurden, werden wir zu dem Schluss kommen, dass der
ursächliche Faktor für die Auseinandersetzung der Einsatz für eine
Teilrichtung, die Verteidigung einer Theorie oder die Parteilichkeit
für eine Ansicht sind, und dass der größte Streit der in der islamischen
Weltgemeinschaft [umma] aufgetreten ist, die Uneinigkeit
über das Imamat4 ist, denn es wurden nie mehr Schwerter aus der
Scheide gezogen für irgendein islamisches Prinzip als für das Imamat.
Die Angelegenheit des Imamats gehörte zu den am häufigsten vorgebrachten
Aspekten, die solch eine Auseinandersetzung verursacht
1 Gemeint ist der Heiligen Qur´an
2 Vorbild des Propheten (s.)
3 Für alle Recksschulen der Sunniten und Schiiten gilt der Heilige Qur´an als erste
Quelle der Wahrheitsfindung, die Sunna des Propheten (s.) als zweite und die
Einheit der Gelehrten in einer Fragestellung als dritte. Nur in der vierten Quelle
gibt es einen Unterschied: Während bei Sunniten der so genannten Vergleichsschluss
[qiyas] die vierte Wahrheitsfindungsquelle darstellt, ist es bei Schiiten der
Vernunftschluss [aql].
4 Islamischer Führungsauftrag
15
haben. Die unterschiedlichen Generationen, die untereinander uneins
waren hinsichtlich Imamat, gewöhnten sich törichterweise daran
vom Fanatismus überwältigt zu werden, und solch eine Gegnerschaft
wurde aufgebaut ohne Vorsicht und Umsicht. Hätte einer
dieser Gruppen mit verständigen Augen in die Definitionen der anderen
geschaut, und nicht mit dem Gedanken gegenüber einem verfluchten
Gegner, wäre die Wahrheit bereits damals sehr klar geworden,
und das Licht der Morgendämmerung hätte von allen bemerkt
werden können, die sehen können.
Wir haben uns dazu verpflichtet, die Angelegenheit derart zu behandeln,
indem wir die Argumente beider Seiten betrachten, mit der
Absicht sie gründlich nachzuvollziehen, ohne durch unsere eigene
Neigung, Umgebung, Gewohnheit oder Routine beeinflusst zu werden.
Anstelle dessen müssen wir uns von allen Emotionen durch
Fanatismen befreien und anstreben, die Wahrheit zu erreichen auf
seinem grundsätzlichen gelobten Weg, um sie zu berühren. Dies
könnte die Aufmerksamkeit der Muslime erregen, ihren Seelen Beruhigung
bringen durch ausgewählte Fakten, die wir ihnen übermitteln,
um den Stillstand – so Allah will – zu überwinden.
Daher haben wir beschlossen, dass wir seine Fragen in Form einer
Schrift vorstellen würden, und ich ihn versorgen würde mit meinen
schriftlichen Antworten, welche die korrekten Bedingungen wiedergeben,
begründet entweder durch Argumente oder durch authentische
Zitate beider Gruppen. Derart erfolgten alle unser Diskussionen
mit der Hilfe Allahs, dem Erhabenen und Allmächtigen. Später
verfolgten wir den Gedanken, sie zu veröffentlichen, so dass wir uns
der Früchte unserer Arbeit erfreuen könnten im reinen Streben nach
dem Wohlgefallen Allahs, dem Hohen, dem Erhabenen, aber grausame
Tage und auftretendes Verhängnis entmutigte uns zwischenzeitlich,
aber möglicherweise war das im Nachhinein betrachtet zum
Allerbesten.
16
Ich behaupte nicht, dass alle diese Seiten sich auf den Text beschränken,
den wir beide erstellt haben, und das nicht irgendeiner
der folgenden Aussagen nicht von meiner Feder stammt. Die Umstände,
die ihre Veröffentlichung verzögert haben, haben auch ihre
Reorganisation notwendig gemacht, wie wir es bereits erwähnt haben.
Aber die Abhandlungen bezüglich der diskutierten Angelegenheiten
sind wortgetreu wiedergegeben, lediglich ergänzt durch einige
notwendige Zusätze zur Erläuterung und Rechtleitung, oder bedingt
zur Überleitung der Diskussionen ohne unseren gegenseitige
Vereinbarung zu verletzen.
Ich habe heute den gleichen Wunsch, den ich gestern hatte, dass
dieses Buch Verbesserung und Güte bewirkt. Falls es die Aufmerksamkeit
und Akzeptanz der Muslime gewinnt, dann ist das eine
Gnade meines Herrn, und das ist der Wunsch zur Vollendung dieser
Arbeit: Ich wünsche nichts weiteres als Verbesserung, so viel wie
möglich, und mein Erfolg hängt einzig von Allah ab, Ihm gehört
mein Vertrauen und zu Ihm kehren wir zurück.
Ich veröffentliche mein Buch für jedermann und alle, die anstreben
Wissen zu erlangen, für den leidenschaftlichen Forscher, der vertraut
ist mit den komplexen Zusammenhängen im Streben nach
Wissen, für den gelehrigen freimütigen Gelehrten, dessen Rede eine
Autorität ist hinsichtlich der Aussprüche und Handlungen des Propheten
(s.)1, für den Philosophen, der die Kunst der Sprachwissenschaft
beherrscht und für alle und jeden ausgebildeten Jugendlichen,
der frei ist von den Ketten der Gefangenschaft, und der bereit ist für
ein neues Leben der Freiheit. Wenn all diese den Nutzen in dieser
Veröffentlichung erkennen, bin ich am meisten erfreut .
Ich habe das Buch sorgfältig zusammengestellt, indem ich die Antworten
in der bestmöglichen Weise unter Berücksichtigung aller
1 „Sallalahu aleyhi wa alihi wa-sallam“: Allahs Segnungen und Gruß seien mit
ihm und seiner Familie.
17
Aspekte erstellt habe mit der Absicht, gerecht denkende Menschen
mit diesen Gedanken inspirieren zu können, und sie Beweise kosten
lassen zu können, die keine Möglichkeiten offen lassen, und Argumente,
die keine Ausflucht ermöglichen. Dabei habe ich großen
Wert auf die Sorgfalt hinsichtlich authentischer Texte über die Aussagen
und Handlungen des Propheten (s.) gelegt; eine Sorgfalt, welche
dieses Buch als geeignet für eine gut ausgestattete Bibliothek
mit den wertvollsten Büchern in der islamischen Theologie, Geschichte,
Biographien und Ähnlichem gestalten sollte. Letztgenanntes
gehört zu den signifikanten Aspekten dieses Buches1. Ich habe
versucht eine gut ausgewogene und authentische Philosophie anzuwenden,
und Methoden, die jeden, der mit solchen Büchern vertraut
ist, dazu anregt, das Buch gedanklich fortzuführen. Es ist geschrieben
für die Wahrheitsliebenden vom ersten Anfang bis zum letzten
Abschnitt. Wenn mein Buch von den gerecht denkenden Lesern
akzeptiert wird, dann ist das genau die Erfüllung meiner Sehnsucht,
für die ich Allah danke.
Was mich selbst anbelangt, so bin ich dankbar für das Buch und
erfreut über das Leben danach. Es ist, so glaube ich, ein Werk, dass
mich alles vergessen lässt, was mich in der Vergangenheit so belastet
hat: Die schweren Lasten des Lebens, die Armut verbreitenden
Sorgen der Zeit und die Feinde, über die ich mich kein Stück
bei Allah, dem Allmächtigen, beklagt habe. Er allein ist der Richter
und Muhammad (s.) ist der Widersacher der Feinde. Vergesst daher
die Plünderer, die nach der eigenen Unterkunft strebten2. Ich habe
auch andere Armut bringende Katastrophen überstanden, wie Fluten
aus allen Richtungen, mit Vorahnungen zum Elend, verbunden mit
Schwierigkeiten und Leid. Aber mein Leben, dass durch dieses
Buch fortgesetzt wird, ist eine Gnade in diesem Leben und in dem
zu erwartenden Leben. Mit diesem Buch wurde meine Seele erfreut
1 Allein in der 16. Konsultation werden 100 Biographien von frühen islamischen
Persönlichkeiten wiedergegeben.
2 Gemeint sind wohl die Franzosen, die sein Haus abgebrannt haben
18
und mein Gewissen erleichtert. Daher flehe ich zu Allah, meine
Arbeit anzunehmen die Schwächen und Fehler zu bedecken und
mein Lohn für dieses Buch wird – so Gott will – der Rechtleitung
der Gläubigen zugute kommen.
„Diejenigen, die glauben und gute Werke tun, leitet ihr Herr wegen
ihres Glaubens recht. Unter ihnen werden Bäche fließen in den
Gärten der Wonne. Ihre Anbetung darin wird sein: ‚Preis sei Dir,
oh Allah!’, und ihre Begrüßung darin: ‚Friede!’ Ihr abschließender
Ruf: ‚Lob sei Allah, dem Herrn der Welten!’“ 1
Die 1. Konsultation – Bitte um Erlaubnis zur Konsultation2
6. Dhul-Qada 13293 (29.10.1911)4
5Geehrter [scharif] großer Gelehrter [allamah] und weiser Herr
[scheich] Abdalhussain Scharaffuddin al-Musawi, der Friede sei mit
Dir und die Gnade Allahs und Seine Barmherzigkeit.
Wahrlich, ich habe im Verlauf der Zeit nicht das Innere der Schia
erforscht und kennengelernt, habe von ihrem Naturell keine Notiz
1 Heiliger Qur´an 10:9-10
2 Die erläuternde Überschrift zu den Briefen steht nicht im arabischen Original
sondern wurde erst in späteren Auflagen hinzugefügt. Zudem heißt es im Original
jeweils „erste Muradscha´at“ usw., so dass eine Übersetzung in „erste Konsultation“
oder „erste Reflektion“ möglich wäre. Manche Übersetzungen in andere europäische
Sprachen übersetzen es hingegen mit „der rechte Pfad“.
3 Islamische Zeitrechnung nach dem Mondjahr nach der Auswanderung. Dhul-
Qada ist der 11. Monat im islamischen Kalender.
4 Die Zeitangabe nach christlicher Zeitrechnung erfolgt durch nachträglich Umrechnung
und kann um einen Tag vom realen Datum abweichen.
5 Alle Briefe beginnen mit der Formel „Im Namen Allahs des Erbarmers des
Barmherzigen“. Da das Buch bereits mit der Formel beginnt, wurde auch im Originalbuch
in den einzelnen Briefen darauf verzichtet.
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genommen, da ich nicht mit einem von ihnen Gesellschaft pflegte
und einen großen Teil ihrer Gelehrten nicht kenne. Ich sehnte mich
dürstend danach, an einem Vortrag ihrer Koryphäen teilzunehmen,
hatte ein brennendes Interesse, mich unter ihre guten Schwimmer1
zu mischen, ihre Ansichten zu studieren und ihre Rechtsschulen zu
erforschen. Dann, als Allah mir vorherbestimmte am Ufer Ihres Ozeans
Halt zu machen und mit meinem Mund einen Schluck aus
Deinem überquellenden Becher zu nehmen, beantwortete Allah
meinen heftigen Durst durch Dein schmackhaftes süßes Wasser und
stillte meinen Durst damit. Du bist ein Nachfahre der Stadt des Wissens
- dein Großvater ist al-Mustafa2 und ihr Tor dein Vater al-
Murtadha3.
Wahrlich, ich probierte keinen Schluck aus Deiner frischen, kühlen
und paradiesischen Quelle, der mir nicht wirklich den brennenden
Durst linderte und der mir nicht wirklich angenehm und milde bekam.
Während ich am Ufer dieser stürmischen See stehe, bitte ich Dich
höflichst, darin zu schwimmen, darin einzutauchen, um ihre Juwelen
zu erfassen. Wenn Du mir Deine Erlaubnis gewährst, werden
wir tief eintauchen, da der Weg viele Einzelheiten und Unklarheiten
beinhaltet, welche mich seit langem beschäftigen. Es hängt von Dir
ab. In der Eröffnung meiner Fragen strebe ich nicht danach, Fehler
oder Schwächen (bei Dir) ausfindig zu machen, noch habe ich vor,
Dir zu widersprechen oder etwas abzulehnen, vielmehr habe ich
lediglich das Bestreben nach Wahrheit. Wenn die Wahrheit mani-
1 Gemeint sind die Kenntnisreichen im Meer des Wissens einer Thematik, im
Gegensatz zu den Nichtschwimmern.
2 Prophet Muhammad (s.)
3 Gemeint ist Imam Ali (a.) in Anlehnung an die Überlieferung des Propheten (s.):
„Ich bin die Stadt des Wissens und Ali (a.) ist das Tor dazu“. Die Begriffe „Großvater“
und „Vater“ stehen für „Vorfahren“.
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festiert ist, dann ist es notwendig, ihr zu folgen, und wenn nicht,
dann bin ich nur wie ein Dichter der sagte:
„Wir sind in dem was wir haben und Du in dem was Du anbietest
Alles ist befriedigend, selbst wenn unsere Ansichten voneinander
abweichen.“
Ich würde, Dein Einverständnis vorausgesetzt, meine Anfragen begrenzen
auf zwei Themenfelder. Das Eine beschäftigt sich mit der
Rechtsschule der Imam-Anhänger1 in seinen Grundzügen und Zweigen
und das Zweite bezieht sich auf die Fragestellung des Imamats2
im Allgemeinen und im Speziellen im Anschluss an den Propheten
(s.). Meine Unterschrift am Ende meiner Briefe möge ein „S“ sein
und Deines ein „Sch“3. Im Voraus ersuche ich Dich um Vergebung
aller Fehler und der Friede sei mit Dir.
Die 2. Konsultation – Erlaubnis zur Konsultation
6. Dhul-Qada 1329 (29.10.1911)
Verehrter [maulana] Scheich al-Islam4, der Friede sei mit Dir und
die Gnade Allahs und Seine Barmherzigkeit.
Dein sehr lieber Brief hat mir derart viel Ehre zukommen lassen,
dass die Zunge nicht ausreicht, um dafür genügend zu danken, noch
kann ich auch nur einen Teil der auferlegten Verpflichtung erfüllen,
1 Gemeint ist die 12er-Schia
2 Islamische Führung
3 Jeweils der arabische Anfangsbuchstabe der Vornamen. Es sind aber gleichzeitig
die arabischen Anfangsbuchstaben für „Sunnit“ und „Schiit“. Da bereits am Anfang
durch die Widerholung der Grußformel der Autor klar wurde, wurde in der
Übersetzung auf die Signatur verzichtet.
4 Titel des Rektors der al-Azhar Universität